Der Mix machts!
Wer modernen Marktanforderungen gerecht werden will, muss mittels Sales and Operations Planning (SOP) alle Unternehmensbereiche rund um die Produktionslogistik möglichst wirtschaftlich aufeinander abstimmen.
Besonders erfolgreiches SOP-Management zeichnet sich neben der hohen Methodenkompetenz vor allem dadurch aus, dass es die kooperative Zusammenarbeit und effiziente Aufgabenteilung von Vertrieb und Supply-Chain-Management fordert und fördert.
Moderne Produktionslogistik möchte marktsynchron produzieren: nicht im Voraus, sondern just in time. Diese Idealvorstellung ist jedoch in kaum einem Unternehmen wirtschaftlich durchführbar. Kunden und Märkte sind nämlich viel zu “ungeduldig“. Sie verlangen hohe Lieferbereitschaft, wollen kurze Lieferzeiten und termintreue Lieferungen. Wie kann man aber mit einem solchen Marktumfeld möglichst wirtschaftlich umgehen? Es gibt hierfür fünf Strategien:
- Sie steigern die Produktionsflexibilität. Das erfordert höhere Produktions- und flexiblere Personalkapazitäten.
- Sie können aber auch die Produktion vom Feuersturm der Märkte durch eine Brandmauer an Beständen abzuschotten.
- Alternativ können Sie die Lieferbereitschaft reduzieren. Jedes halbe Prozent an verringerter Lieferbereitschaft vermag beträchtliche Bestandskosten zu sparen.
- So wie die Verringerung der Lieferbereitschaft die erforderlichen Bestandskosten verringert, senkt ein akzeptierter Lieferverzug die erforderlichen Flexibilitätskosten in der Produktion.
- Als letzte Möglichkeit können Sie noch versuchen, die Kunden zur Geduld zu erziehen. Aber selbst der Automobilindustrie gehen Kunden wegen zu langer Lieferzeiten verloren.
Keine dieser Maßnahmen kann man als alleiniges Stellglied benutzen. Es kommt also auf die richtige Mischung an. Die individuellen Randbedingungen eines Unternehmens und seiner Märkte prägen dabei stark die jeweilige Auslegung des Sales and Operations Plannings. Das macht die Arbeit nicht leichter. Trotzdem lassen sich bestimmte Grundmechanismen erkennen, die in allen SOP-Prozessen regelmäßig vorkommen (siehe auch Abb. 1).
Der Planungsprozess
Ausgangspunkt eines Sales and Operations Planning Prozesses ist oft ein statistischer Forecast, der anschließend durch den Vertrieb angepasst wird. Vor allem muss der Vertrieb dabei Informationen über Projekte, Aktionen und Wettbewerbsentwicklungen in die Planung einbringen. Daraus lässt sich sodann ein erster Bedarfsplan und aus diesem wiederum ein marktsynchroner Produktionsplan ableiten.
Im nächsten Schritt gilt es, eine mehr oder weniger detaillierte Kapazitätsplanung durchzuführen. Die wichtigsten eventuell zu berücksichtigenden Restriktionen sind dabei die Anlagenkapazität, diePersonalkapazität und die Lagerkapazität. Hinzu kommen ggf. die Transportkapazität, die leider oft vernachlässigte Lieferantenkapazität und letztlich auch mögliche Liquiditätsbeschränkungen.
Durch Einbeziehung dieser Restriktionen gelangt man zu einem korrigierten Demand Plan. Dieser Demand Plan sollte nun mit den vorhandenen Ressourcen umsetzbar sein. Am Ende des SOP-Prozesses steht somit ein mit den vorhandenen Kapazitäten und Ressourcen umsetzbarer Produktionsplan. Diesen gilt es sodann zu realisieren!
Viele Unternehmensbereiche betroffen
Von den Ergebnissen eines Sales-and-Operations–Planning-Prozesses sind naturgemäß viele Unternehmensbereiche betroffen. Vertrieb, Marketing, Supply Chain Management, Produktion, Einkauf, Beschaffung, Logistik, Finanzen und evtl. auch Entwicklung wollen deshalb alle ihre Prioritäten und Bedürfnissen beachtet sehen. Und diese sind bisweilen konträr. Die große Management-Herausforderung der SOP-Planung liegt deshalb darin, einen fairen und machbaren Kompromiss zu finden, zu dem alle Beteiligten stehen können. Akkurate, von allen verstandene und akzeptierte Daten spielen dabei eine essentielle Rolle.
Um die Qualität der zu verwendenden Eingangsinformationen für den Sales-and-Operations-Planning-Prozess sicherzustellen, ist es deshalb entscheidend, dass der Vertrieb und das Supply Chain Management kooperativ zusammenarbeiten. Bei der Betrachtung zukünftiger Bedarfe denkt der Vertrieb zumeist in Geldwerten und Warengruppen und ist an den langfristigen Tendenzen der Marktentwicklung interessiert. Das Supply Chain Management hingegen plant in Einheiten von Einzelprodukten oder Bestandseinheiten (SKUs) und interessiert sich mehr für die kurz- bis mittelfristigen, dispositionsrelevanten Bedarfsveränderungen. Diese konträren Sichtweisen gilt es zu synchronisieren.
Absatzprognosen sind essentiell
Wenn Sie den Sales-and-Operations-Planning-Prozess mit statistischen Vorschlagswerten starten und dem Vertrieb zudem keine Aussagen zu allen Einzelprodukten abverlangen, sind Sie auf dem richtigen Weg. Dann reicht es nämlich oft, nur bei den Artikeln detailliertere Vertriebsinformationen anzufragen, bei denen die Aussagen der Statistik nicht ausreichen. Die Bedeutung einer guten Absatzprognose für das Ergebnis des gesamten SOP-Prozesses wird jedoch oft unterschätzt. Die drastischen Zahlenwerte (siehe Abb.2) aus einem Projekt bei einem Prozessfertiger verdeutlichen dabei den wahren Stellenwert einer guten Absatzprognose. Bei der bestehenden Qualität der Absatzprognose hätten fast 18 Prozent mehr Bestand aufgebaut werden müssen, um die geforderte Lieferfähigkeit zu sichern. Auf der Grundlage einer verbesserten statistischen Prognose hingegen ließ sich die geforderte Lieferbereitschaft mit 41 Prozent weniger Bestand erreichen.
Zentrale Beschaffungssteuerung verringert Reaktionszeit
Im Idealfall gelingt es, die Bedarfsprognose für die gesamte Supply Chain auf Basis von Point-of-Sale Daten aufzubauen (Stichwort ‚Big Data‘). So wird es ermöglicht, nicht nur deutlich geringereBestände auf allen Lagerstufen, sondern auch mehr Flexibilität und schnellere Reaktionen in der gesamten Supply Chain zu erzielen. Ein gutes Sales and Operations Planning erfordert somit viel bereichsübergreifende Kommunikation, vor allem zwischen SCM, Vertrieb und – soweit möglich – letztlich auch dem Kunden. Ein wesentliches Hilfsmittel hierzu stellen höhere Planungsfrequenzen und untermonatliche Zwischeninformationen dar, die man mit der Analyse der ‚Big Data‘ einer jeden Transaktion theoretisch sogar bis hin zu Echtzeitberechnung treiben kann. SOP-Prozesse nur quartalsweise ablaufen zu lassen, ist selbst für den Anfang zu wenig, denn man kann hier den Fahrweg quasi nur grob festlegen. Die Erfahrung zeigt zudem, dass die Veränderungssprünge schon bei monatlicher Planung geringer werden. Darüber hinaus gilt: Wer Entwicklungen früher erkennt, kann auch früher reagieren.
Restriktionen verringern – nicht hegen!
Festzuhalten ist auch, dass die Ergebnisse eines Sales-and-Operations-Planning-Prozesses sich nicht so sehr qualitativ dadurch verbessern, dass man den Umgang mit den vorhandenen Restriktionen immer besser beherrscht. Es kommt vielmehr darauf an, kontinuierlich die Anzahl der zu berücksichtigenden Restriktionen zu verringern. Grundsätzlich gilt dabei, dass mit der Anzahl der Restriktionen auch der Planungsaufwand und die Opportunitätskosten möglicher Umsatz- und Kundenverluste steigen und dass gleichzeitig die Qualität des Planungsergebnisses sinkt. Eine strategische Aufgabe der SOP-Planung muss deshalb darin bestehen, die Anzahl der im SOP-Prozess zu berücksichtigenden Planungsrestriktionen kontinuierlich zu verringern.
Verlässliche Werte anstelle Bauchgefühl
Schaut man sich die in der Praxis durchgeführten Sales-and-Operations-Planning-Prozesse an, so ist oft zu erkennen, dass die Planungskette unterbrochen wird. So wird die Bedarfsplanung beispielsweise auf der Ebene der Fertigungssteuerung und der operativen Beschaffung übersteuert, oder drastisch ausgedrückt, in den Papierkorb geworfen. Die operativen Planer glauben den Vorgabewerten nicht und versuchen, auf Basis der eigenen Erfahrungswerte und ihres Bauchgefühls zu arbeiten.
Wichtig ist es aber, einen solchen Bruch in der Planungskette zu vermeiden. Man sollte die Ursachen bekämpfen und nicht die Symptome. Oft liegt die Ursache für die Übersteuerung nämlich in der schlechten Qualität der SOP-Planungsergebnisse. Hier helfen nur Kommunikation und ein sauberer Sales-and-Operations-Planning-Prozess, damit die Planer Vertrauen in die ihnen zur Verfügung gestellten Werte fassen. Dabei ist es wichtig, dass sich die Demand-Seite und die Supply-Seite als Seilschaft verstehen. Mal sichert der eine den anderen, mal ist es umgekehrt.
Wenn es Ihnen gelingt, die in diesem Artikel vorgestellten Gestaltungshinweise zu berücksichtigen haben Sie bereits die wesentlichen Grundlagen für ein erfolgreiches SOP-Management gelegt. Zudem empfiehlt es sich auf Softwarelösungen zu setzen, die integrierte SOP-Prozesse unterstützen. Man kann das mit manchem ERP-System durchaus umsetzen. Ergänzend zu empfehlen sind aber auch insbesondere einige Advanced Planning and Scheduling-Tools (APS), da sie den dispositiven Part des SOP-Prozesses besonders umfassend unterstützen. APS-Tools bieten zur verbesserten Planung beispielsweise viel feinere, reichweiten-orientierte Prognose-Funktionalitäten und können so den tatsächlichen Bedarf bedeutend genauer vorhersagen.
Zum Funktionsumfang der APS-Software DISKOVER SCO zählen beispielsweise neben solchen Prognose-Verfahren auch Funktionen zur Portfolio-Analyse und solche zur Einbindung von Vertriebsprognosen. Die Software kann damit verlässliche und nachvollziehbare Planungsprozesse abbilden. Doch DISKOVER hilft nicht nur bei solchen Planungsprozessen. Es unterstützt den Disponenten auch bei der täglichen Arbeit. Durch weitreichende, im Hintergrund automatisch ablaufende Simulationsmechanismen werden dabei die Dispositionsempfehlungen auf Basis der sich stets aktualisierenden Planungsparameter optimiert. Hieraus kann sich dann die Empfehlung ableiten, das bislang gewählte Prognoseverfahren zu verändern.
Mit Hilfe der APS-Software können Sie also sowohl der Planungsprozess als auch die tägliche Disposition stets mit bester Methodik unterstützen – eine wesentliche Grundlagen für ein erfolgreiches SOP-Management. Niemand sollte sich länger auf Bauchgefühl und rudimentäre Erfahrungswerte verlassen
Continuous Delivery
Der Funktionsumfang der APS-Software DISKOVER SCO wird durch ein Continuous Delivery Model konstant erweitert. Anwender erhalten durch dieses Mietlizenz-Model alle neuen Entwicklungen automatisch und in kürzester Zeit. So bleibt das System immer auf dem aktuellsten Stand, ohne dass der Kauf einer neuen Programmversion erforderlich wäre. Neben dem Updatemanagement übernimmt das SCT-Servicecenter auch die Wartungsarbeiten. Dazu gehört etwa das Live-Monitoring der Systemfunktionen und des Systembetriebs sowie das regelmäßige Nachjustieren der Software-Funktionalität, wenn sich im Anwender-Unternehmen etwas ändert. So entsteht bei der IT-Abteilung des Anwender-Unternehmens kein fachlicher Betreuungsaufwand für das System oder seine Anwender.
Fachartikel, TextileTechnology , erschienen am 16.06.2014
Von Andreas Capellmann